Um durchschnittlich 30 Prozent sollen Autohersteller den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugmodelle bis 2030 verringern. Nun wartet die Welt auf das massentaugliche Elektroauto. Dabei ist noch unklar, wie sich die große Nachfrage nach Lithium-Akkus auf die Umwelt auswirkt. Zudem sind sich Forscher darüber einig, dass Schwerlastwagen, Schiffe, Flugzeuge und Baumaschinen auch langfristig nicht mit Elektromotoren funktionieren werden. Dabei gibt es bereits einen alternativen, sauberen Kraftstoff: E-Fuel. Der ist in der Euphorie für Elektroantriebe fast völlig untergegangen. Was E-Fuels sind und wieso wir uns dafür mehr Aufmerksamkeit wünschen, haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.
E-Fuels sind künstlich produzierte Kraftstoffe
E-Fuels sind flüssige Kraftstoffe, die Chemiker mit (Öko-)Strom, Wasser und Kohlenstoffdioxid herstellen können. E-Fuels können, in verschiedenen Varianten, Benzin, Diesel und Kerosin ersetzen und haben dieselben chemischen Eigenschaften wie das jeweilige „Original“ aus der klassischen Mineralöl-Raffinerie. E-Fuels verfügen über die seit Jahrzehnten bewährten Vorteile von Flüssigkraftstoffen – aber brauchen kein Mineralöl.
E-Fuels gleichen mineralölbasierten Kraftstoffen exakt – und verbrennen sogar sauberer und effizienter
Die Diesel- und Benzinkraftstoffe aus Mineralöl und chemisch hergestellte E-Fuels gleichen sich so sehr, dass Anwender die Produkte in den gleichen Tanks lagern, in den gleichen Fahrzeugen nutzen und aus den gleichen Zapfsäulen tanken können. Weil E-Fuels außerdem durch die synthetische Herstellung reiner sind als fossile Brennstoffe, verbrennen sie sogar effizienter. Doch es gibt noch einen weiteren großen Vorteil von E-Fuels:
Herstellung von E-Fuels: Das ist „power to liquid“
E-Fuels entstehen durch eine gezielte chemische Reaktion. Dies sind die beiden generellen Schritte zur Herstellung:
- Durch eine Elektrolyse werden Wassermoleküle (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten.
- Der entstandene Wasserstoff reagiert dann mit CO2 und wird mit dessen Bausteinen zusammen zu Kohlenwasserstoffen zusammengesetzt. Bei dieser sogenannten Fischer-Tropsch-Synthese dient der Wasserstoff so als Speichermedium für Energie.
Die Herstellung variiert im Detail, und das Produkt ist noch nicht marktreif. Aber alle E-Fuels basieren aktuell (Stand: 2019) auf Elektrolyse. CO2 kann mit innovativen Technologien direkt aus der Atmosphäre gewonnen werden oder entsteht als Nebenprodukt in der Industrie. Wenn Unternehmen den Kraftstoff dann auch noch mittels Erneuerbarer Energien herstellen, entsteht ein vollkommen klimaneutraler Energieträger. Da dieser chemische Prozess den elektrischen Strom in flüssigen Kraftstoff verwandelt, hat sich die Bezeichnung „Power-to-Fuel“ durchgesetzt.
Investitionsanreize Power to Liquid? Die institutionelle Anerkennung von E-Fuels fehlt noch.
E-Fuels können aktuell nicht auf die Emissionsziele der Autohersteller angerechnet werden. Das bedeutet, Autohersteller können keine E-Fuels nutzen, um die wichtigen CO2-Flottengrenzwerte zu erreichen. Das macht große Investitionen in diese Technologie noch unattraktiv und zwingt viele Hersteller, sich auf das E-Auto zu fokussieren. Mehr Technologie-Offenheit würde Deutschland als Technologie-Standort stärken und neue Arbeitsplätze schaffen.
E-Fuels nutzen die bestehende Infrastruktur und bereits vorhandene Anwendungstechnologien für flüssige Energieträger
E-Fuels drohen im Rummel um Elektromobilität unterzugehen. Aber 98 Prozent der gesamten Antriebsenergie im Verkehrssektor ist auf flüssige Kraftstoffe angewiesen. Diese Fahrzeuge sind millionenfach im Verkehr und verschwinden nicht von heute auf morgen von der Bildfläche – ob wir es wollen oder nicht. Das große und nachvollziehbare Argument gegen die Wasserstoffzelle und Elektromobilität ist die noch fehlende und sehr teure Infrastruktur. E-Fuels lösen dieses Problem, weil die vorhandene Infrastruktur fast bedingungslos genutzt werden könnte, inklusive Tankläger, Pipelines, Fahrzeugflotten und Tankstellen.
Power to Liquid ermöglicht es, regenerative Energien leichter zu speichern und zu transportieren
Im Gegensatz zu Strom sind E-Fuels mit Tanklastern und Tankschiffen transportierbar statt mit Akkus. Akkus sind nicht nur in der Produktion teuer, sondern benötigen Lithium. Der massenhafte Abbau von Lithium kann die Umwelt schwer beeinträchtigen, sowohl landschaftlich, als auch durch Treibhausgase. Dazu kommt, dass Akkus nicht ewig halten und sehr große Kapazitäten ein Problem sind. Die Folge: große Mengen Sondermüll oder sehr teure Recyclingverfahren.
Durch die Möglichkeit, Elektrizität in „flüssiger Form“ zu transportieren, lösen E-Fuels das Problem vieler Sonnen- und Windkraftwerke. Seit vielen Jahren ist klar, dass die Menschen mit Solarenergie in Nordafrika, Patagonien und Australien sowie mit Windenergie in Küstengebieten riesige Mengen regenerativer Energien erzeugen könnten.
Fazit: E-Fuels schlagen viele Fliegen mit einer Klappe
E-Fuels aus regenerativen Energien sind CO2-neutral, rußfrei und damit gesundheitlich unbedenklich – und sie nutzen die bestehenden Tank- und Lagerinfrastrukturen. E-Fuel macht Wind- und Solarenergie effizienter nutzbar. Aber E-Fuels sind noch vergleichsweise unbekannt – hier wünschen wir uns Veränderung. Zugegeben: E-Fuels zu produzieren ist noch recht aufwendig. Es gibt hohe Umwandlungsverluste und Betriebskosten, weil die Produktion noch nicht ausgereift ist. Deshalb brauchen Unternehmen und Forschungseinrichtungen mehr Anreize, E-Fuels konsequent weiterzuentwickeln und nutzbar zu machen. Ein Nebeneffekt einer Wasserstoffelektrolyse-Industrie sind die dadurch entstehenden Arbeitsplätze und die inländischen Wertschöpfungseffekte.
Wir wünschen uns deswegen, dass der Gesetzgeber E-Fuels mehr Aufmerksamkeit schenkt. Dafür braucht es keine Entscheidung zwischen Elektromotor und E-Fuels, sondern einen guten Energiemix.