Am 18.2.2023 wäre Wolfgang Karstedt 100 Jahre alt geworden. Als Schwiegersohn von Otto Diersch bestimmte er seit 1954 maßgeblich die Geschicke unserer wachsenden Unternehmensgruppe. Mit seinen bis dahin erworbenen kaufmännischen Kenntnissen im Groß- und Einzelhandel, seinen guten Englischkenntnissen, seiner aufgeschlossenen und offenen Art im Umgang mit Menschen, vor allem aber mit seinem strategischen Weitblick forcierte er die Internationalisierung des Mineralöleinkaufs und stärkte so auch die Unabhängigkeit des Familienunternehmens. Zu der Zeit konzentrierte sich Otto Diersch zunehmend auf den Aufbau der neuen Bereiche Schifffahrt und Chemie. Seit 1953 war Diersch & Schröder am heutigen Firmenstandort Memeler Straße im Bremer Holzhafen tätig. Das anfänglich zweistöckige Firmengebäude war bald nicht mehr ausreichend, so dass Anfang der 60er Jahr das heutige Bürogebäude entstand. Ingeborg und Wolfgang Karstedt schenkten nicht nur ihren drei Söhnen Bernd, Axel und Svend das Leben, sondern sicherten damit auch den nachhaltigen Fortbestand von Diersch & Schröder als Familienunternehmen.
In einem persönlichen Gespräch geben die beiden verbliebenen Söhne Bernd und Svend Karstedt uns einen privaten Einblick, wie sie ihren Vater Wolfgang Karstedt erlebt haben.
Bernd Karstedt, Sie sind Ende der 70er Jahre in das Familienunternehmen eingestiegen. Wie haben Sie Ihren Vater als Vorgesetzten wahrgenommen?
Bernd Karstedt: Als ich 1979 im Verkauf startete, habe ich an Herrn Gerken reportet. Ein guter Freund unseres Vaters hatte ihm den Rat gegeben, mich nicht direkt unter seine Fittiche zu nehmen. Mein Vater hat mich laufen lassen, stand mir aber stets mit Rat und Tat zur Seite.
Hatten Sie trotzdem Berührungspunkte?
Bernd Karstedt: Ja, wir haben viele Reisen gemacht und waren gemeinsam auch international unterwegs: Moskau - Russland, Caracas – Venezuela, Skandinavien, Kuwait, Algerien, Südafrika, …
Haben Sie bei all diesen Reisen eine besondere Erinnerung, die Sie teilen mögen?
Bernd Karstedt (schmunzelt): Mein Vater hatte bei Auslandsreisen meist einen Dreierpack Underberg für den Magen dabei. Auch bei Reisen in arabische Länder. Mit dem Satz: „This is my medicine for my heart“, durfte er den Magenbitter dann mitnehmen.
Viele Reisen bedeutet auch viele Menschen – wie war Wolfgang Karstedt im Umgang mit Dritten?
Svend Karstedt: Unser Vater konnte sehr gut mit Menschen umgehen. Er war ein fröhlicher Mensch und lachte gerne. Allem voran muss man sagen, dass „Vattern“ sehr pflichtbewusst und ein Mann mit klarer Furche war. Ein Spruch, den er geprägt hat war beispielsweise: „Erst mach Dei Sach – dann trink und lach.“ – erst die Arbeit, dann alles andere.
Gab es neben Ihnen Personen mit denen er sich austauschte?
Bernd Karstedt: Er verantwortete seine Geschäftsbereiche alleine, wenn es um neue Ideen und Wege ging, tauschte er sich gerne mit seinen Beratern aus und zitierte meinen Großvater: „… Willi sag mal etwas dagegen …“
Und wie war das Verhältnis zu seinem Schwiegervater und Diersch & Schröder Gründer Otto Diersch?
Wolfgang Karstedt gab seinen guten Job im Weinhandel auf und stieg 1954 ins Handelsgeschäft mit Mineralölen ein.
Svend Karstedt: Das Verhältnis war gut – nach dem Motto: nichts stärkt einen mehr als das Vertrauen – hatte Otto Diersch ihm einst gesagt, dass sollte seine Ehe mit seiner Tochter nicht halten, er sich Wolfgang als seinen Nachfolger wünschte. Beruflich wie privat war unser Vater sehr gradlinig, großzügig und fair korrekt.
Gab es Gewohnheiten die Ihr Vater pflegte oder Lieblingsspeisen?
Bernd Karstedt: In der Tat: Punkt 12.45 Uhr fuhr er zum Mittagessen zu unserer Mutter nachhause. …
Svend Karstedt: … und kam um 15 Uhr zurück ins „Kontor“ – wie er immer sagte. Was das Essen anbelangt, war er wie mit allem sehr bodenständig und liebte Hausmannskost, wie beispielsweise Königsberger Klopse.
Wenn das Wochenende nahte, gab es Zeit für Freizeitaktivitäten?
Svend Karstedt: Wie wir alle, war unser Vater sehr sportbegeistert. Als junger Mann spielte er erfolgreich Hockey sowie Tennis und wurde mit seinem Freund Hermann Segnitz nordwestdeutscher Meister im Doppel. Aufgrund seiner Knieverletzung im Krieg wechselte er später zum Golfen. Zum gemeinsamen Samstagabend gehörte die Sportschau und wenn nachts ein Boxkampf mit Cassius Clay (Mohammad Ali) ausgestrahlt wurde, stellte unsere Mutter uns sogar Kekse hin.
Bernd Karstedt erinnert sich: Von ihm stammt auch die Aussage: „Solange die Jugend noch Sport treibt, ist die Welt noch in Ordnung,“ – diesen Satz sagte er einst, als wir an einem Abend über den Osterdeich nach Hause fuhren und auf den angrenzenden Sportplätzen Jugendliche bei Flutlicht Fußball spielten. So haben wir als Familie 2002 zum 100. von Otto Diersch die gleichnamige Stiftung gegründet, in der wir uns insbesondere für Jugend und Sport in Bremen und umzu engagieren.
Vielen Dank für unser wunderbares Gespräch.